D. Di Falco: Bilder vom besseren Leben

Cover
Titel
Bilder vom besseren Leben. Wie Werbung Geschichte erzählt


Herausgeber
Di Falco, Daniel; Bär, Peter; Pfister, Christian
Erschienen
Bern 2002: Haupt Verlag
Anzahl Seiten
240 S.
Preis
€ 36,00
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Christian Lüthi, Universitätsbibliothek Bern

«Werbung lügt», sagt der Volksmund, und die drei Herausgeber eines neuen Bandes über die Geschichte der Werbung in der deutschen Schweiz pflichten dem bei. Reklame macht Versprechen, die das angepriesene Produkt gar nicht einlösen kann. In den Botschaften der Werbung spiegeln sich aber Wünsche des Zielpublikums, welche sich die Werbebranche zunutze macht. Die Werbung ist damit ein sensibler Indikator für den Wandel der Wertvorstellungen einer Gesellschaft.

Die Geschichtswissenschaft hat sich in der Schweiz bislang kaum mit Werbung beschäftigt. Peter Bär hat mit seiner Lizentiatsarbeit und Dissertation Neuland erschlossen. Er untersuchte im Rahmen des vom Nationalfonds unterstützten Projekts «Webikum» die Werbung in der «Schweizer Illustrierten» und drei weiteren Zeitschriften zwischen 1920 und 1993. Anhand einer Stichprobe von 5000 Werbeanzeigen konnte er wichtige Veränderungen in den Werbemustern eruieren. Dies zeigt, dass die Werber sensibel auf zeitgenössische gesellschaftliche Veränderungen reagierten: Die ermittelten Trends stimmen gut mit der konjunkturellen Entwicklung und der Mentalitätsgeschichte des 20. Jahrhunderts überein.

Die Erkenntnisse des Projekts «Webikum» bilden den Ausgangspunkt für den
vorliegenden Sammelband. Er enthält studentische Arbeiten, die im Rahmen eines Seminars entstanden, das Prof. Christian Pfister 1996 am Historischen Institut der Universität Bern durchführte. Die Herausgeber konnten zudem weitere Autorinnen und Autoren gewinnen, welche Beiträge für die Publikation verfassten.

In der Einleitung betont Peter Bär, dass die historische Auseinandersetzung mit Werbebildern als Quellen ein reflektiertes methodisches Rüstzeug erfordert. Zudem vermittelt Christian Pfister einen Überblick über die Geschichte der Werbung und ihrer Arbeitsweisen. Die Werbung im heutigen Sinn entstand ab zirka 1890, als grafische Elemente und später die Fotografie für die Visualisierung von Werbebotschaften eingesetzt wurden. In der Zeit um den Ersten Weltkrieg kamen als weitere Elemente die Werbepsychologie und die Marktforschung hinzu. Zum Massenphänomen wurde die Werbung nach 1945.

Ein Dutzend Beiträge beleuchten verschiedene Aspekte der Werbung. Mehrere Autorinnen und Autoren untersuchten einzelne Firmen. Anhand der Reklame der Schweizerischen Bundesbahnen, der Herrenkonfektionsfirma PKZ, Fahrrad-, Auto-, Sonnenschutzmittel- und Zigarettenwerbung sowie in zwei Beiträgen zum Frauenund Männerbild in der Werbung entsteht ein Panorama der Schweiz des 20. Jahrhunderts, das die Leserschaft auch emotional anspricht, da die Texte und Bilder bis in die Gegenwart führen. Eine theoretische Einführung und eine Bilanz der Herausgeber sowie ein Artikel von Albert Tanner, der die wichtigsten Trends des sozialen und kulturellen Wandels in der Schweiz nach dem Zweiten Weltkrieg umreisst, stellen die Fallbeispiele in einen grösseren Rahmen.

Aus bernischer Sicht interessiert vor allem der Beitrag von Myriam Berger über die Ovomaltinewerbung von 1904 bis zum Zweiten Weltkrieg. Die Ovomaltine wurde 1904 bis 1928 in der Stadt Bern und danach in Neuenegg hergestellt. Die Autorin macht klar, dass der Erfolg der Ovomaltine ebenso sehr auf geschickten Werbestrategien beruht wie auf einem qualitativ guten Produkt. Als die Firma Wander das Getränk 1904 auf den Markt brachte, verkaufte sie es als stärkendes Nahrungsmittel für Kranke, Geschwächte und Rekonvaleszente. Schon bald pries sie es ausserdem als Frühstücksgetränk für Gesunde an. Es gelang mit Hilfe der Werbung, das Produkt mit positiven Eigenschaften wie Erfolg, Gesundheit und Glück zu besetzen. Zu Beginn war die Ovomaltine ein Luxusgetränk. Mit gezielter Bewerbung der Angestellten in den 1920er-Jahren und mit der Propagierung der Ovo im Bereich des Sports entwickelte sie sich bis in die Dreissigerjahre zum Volksgetränk. Zur Zeit der geistigen Landesverteidigung warb Wander auch mit nationalen Symbolen und Slogans für ihr Produkt.

Die Autorinnen und Autoren legen ein Buch vor, das ein breiteres Publikum anzusprechen vermag. Der schön gestaltete und sorgfältig illustrierte Band lädt zum Blättern und zum Verweilen bei einzelnen Abbildungen ein. Die Publikation erschliesst neue Bilder des gesellschaftlichen Wandels des 20. Jahrhunderts, wie er sich in der Werbung spiegelt.

Zitierweise:
Christian Lüthi: Rezension zu: Di Falco, Daniel; Bär, Peter; Pfister, Christian (Hrsg.): Bilder vom besseren Leben. Wie Werbung Geschichte erzählt, Bern, Haupt, 2002, 240 S., ill. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 65, Nr. 4, Bern 2003, S. 223f.

Redaktion
Beiträger
Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 65, Nr. 4, Bern 2003, S. 223f.

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